Haustür­porträts - ein Corona Fotoprojekt

In der Hoffnung den Neubauer Unternehmen mediale Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, bin ich nach dem ersten Lockdown durch die Straßen meines Grätzels gezogen, um die Geschäftsleute kostenlos vor ihren Portalen abzulichten. In einem Jahr gelang es mir 74 Unternehmen vor die Kamera zu holen und ein volles Jahr Corona-Pandemie einzufangen.

Ein kostenfreies Fotoprojekt für Unternehmen in Wien 7.

Die Idee hinter den Haustürporträts.

Das erste Mal hörte ich den Begriff Haustürporträts während des ersten Lockdowns im April 2020. Fotografen in Deutschland, die wie wir in Österreich wegen der Corona-Maßnahmen ihrem Beruf nicht nachgehen durften, verfolgten einen neuen Hype: kostenlose Haustürporträts. Sie zogen durch die Straßen ihrer Wohnorte, um die Bewohner vor ihren Haustüren – mit Abstand – zu porträtieren. Kostenlos zur Erinnerung an die Corona-Zeit und um in der Nachbarschaft Bekanntheit zu erlangen und sich für die Zukunft neue Kunden zu schaffen.

Haustürporträt oder Geschäftstürporträt?

Ich habe mich für diese Idee begeistert und beschloss, eine Ableitung dieser Haustürporträts in Wien anzubieten. Mein Angebot richtete sich aber nicht an Privatpersonen, sondern an die Geschäftsleute und Unternehmer*innen des 7. Wiener Gemeindebezirks. Mein Zielgedanke war in erster Linie die Erhaltung meines geliebten Grätzels. Wir konnten ja nicht wissen, was nach dem Lockdown auf uns zukommen würde. Und niemand konnte ahnen, dass dieser Lockdown nicht der Einzige bleiben sollte. In meinen Augen waren zu Beginn der Pandemie bereits die kleinen Betriebe die wirtschaftlich am meisten Leidtragenden unter den Corona-Maßnahmen. Auch wenn “Haustüre” nicht korrekt erscheint für Geschäfte, wollte ich das Projekt nicht umbenennen, deshalb blieb der Name “Haustürporträts”.

Das Ziel der Haustürporträts.

In der Hoffnung den Neubauern Unternehmen mit meinen Fotos mehr mediale Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, begann ich nach dem ersten Lockdown die Geschäftsleute kostenlos vor ihren Portalen und in ihren Betrieben abzulichten. In einem Jahr gelang es mir 74 Unternehmen vor die Kamera zu holen. Der Zeitaufwand, den ich dafür erbrachte, war enorm, aber der positive Nebeneffekt, machte die Arbeit und Mühe wert: ich wusste, dass ich mein Grätzel nie besser und vor allem nicht auf so eine persönliche Art hätte kennen lernen können.

Aller Anfang ist schwer!

Zu Beginn bin ich durch die Straßen meines Bezirkes gegangen, um in den Geschäften persönlich anzufragen, ob ich sie fotografieren dürfe. Da diese Vorgehensweise einige Leute verschreckte, habe ich schließlich per E-Mail angefragt, ob sie an meinem Projekt teilnehmen wollten.

Die Reaktionen waren sehr unterschiedlich und ich durchlebte zu Beginn des Projekts allerlei Höhen und Tiefen, sodass ich mir nicht sicher war, ob es überhaupt verwirklichbar wäre.

Die vielen Abweisungen brachten mein Projekt einige Male zum Wanken, aber aufgeben wollte ich nicht.

“Kostenlose Bilder? So etwas gibt es?” Manche Geschäftsleute waren begeistert davon und haben sich auf der Stelle von mir ablichten lassen. Viele musste ich jedoch überzeugen, mir zu glauben, dass es keinen Haken geben würde und die Bilder wirklich kostenlos blieben. So oft habe ich gehört: „Wo ist denn da der Haken? Kostenlose Angebote gibt es nicht ohne Haken.“

Aber tatsächlich waren meine Aufnahmen wirklich komplett kostenlos. Nicht nur das, die Unternehmer:innen erhielten die Bilder mit uneingeschränkter Werknutzungsbewilligung für Print und Web – ohne Nachgebühr oder versteckten Kosten.

Nachdem sich herumsprach, dass etwas Wahres an den kostenlosen Haustürporträts wäre, wuchs das Vertrauen. Letztlich überstand ich die Anfangsschwierigkeiten dank der vertrauensvollen Unternehmer*innen.

Wie liefen die Shootings ab?

Wir vereinbarten einen Termin und ich kam während der Geschäftszeiten vorbei. Immer mit derselben Kamera und derselben Linse, denn ich wollte einen durchgehenden Bildstil einhalten. Wir haben erst ein paar Bilder auf der Straße vor ihrer Geschäftstüre gemacht, mit Mund-Nasen-Schutz und auch ohne, und zusätzlich fotografierte ich ein paar Bilder im Geschäft.

Die fertigen Fotos habe ich im Anschluss per E-Mail an die jeweiligen Unternehmen gesendet. Um mein Projekt verwirklichen zu können, war natürlich Voraussetzung, dass ich die Bilder selbst auch verwenden und veröffentlichen dürfe. Zur Veröffentlichung benötigte ich zudem auch einen Text über das jeweilige Unternehmen mit ein paar persönlichen Gedanken zu Corona.

Mein durchgehend größtes Problem war, meine Projekt-Zielgruppe zu erreichen. Ich hatte einfach nicht die Zeit und Muse in jedes einzelne Geschäft zu gehen und mich wie ein Vertreter anzupreisen und anzubiedern. Selbst meine E-Mails blieben oft unbeantwortet.

Schließlich kam mir die Idee, mich an die Neubauer Bezirksvorstehung zu wenden. Ich schrieb von meinem Projekt und bat um Hilfe, mein kostenloses Angebot an die Geschäftsleute zu übermitteln. Dem Bezirksvorsteher Mag. Markus Reiter gefiel die Idee und er sandte mir Gudrun Kirchert von der Marketingagentur Stadtfein, die die diversen Unternehmervereine im 7. Bezirk vertritt.

Gudrun war eine große Bereicherung und mein Projekt erlebte einen neuen Aufschwung durch die wertvolle Unterstützung. Gudrun sandte Newsletter aus, sprach mit den Geschäftsleuten, wirbelte die Werbetrommel, half mir beim Texteeintreiben und veröffentlichte mein Projekt mehrmals in den sozialen Medien und auf ihrem Blog www.im7ten.com

Das Projekt lief ein ganzes Jahr.

Ursprünglich war das Ende des Projektes, das am 20. 4. 2020 begann, mit einer Ausstellung im Herbst 2020 geplant. Da das Coronavirus uns aber weiter fest in seinen Fängen hielt, beschloss ich, das Projekt auf ein ganzes Jahr auszudehnen, und war schließlich bis 20. 4. 2021 in den Straßen und Gassen des Grätzels mit meiner Kamera unterwegs.

Auf den Fotos spiegelt sich tatsächlich ein ganzes Jahr Pandemie wider. Manche Geschäfte durfte ich wegen der geltenden Bestimmungen nicht betreten, manche durfte ich innen fotografieren, manche Unternehmer*innen trugen herkömmlichen Mundnasenschutz, manche die FFP2-Masken, manche gar keinen Schutz – je nachdem, was gesetzlich gerade vorgeschrieben war.

Projektende

Es war ein anstrengendes, aber doch wunderschönes Projekt. Ich habe in diesem Jahr tolle Geschäftsleute kennengelernt und viele neue Freunde gewonnen. Es entstanden Kooperationen, viele Ideen und kreative Projekte, die wir zum Teil bereits umgesetzt haben.

Sofern die Pandemie es endlich zulässt, wird eine Ausstellung der Haustürporträts stattfinden. Der geplante Termin musste bereits zweimal verschoben werden.

Die bis dato veröffentlichten Haustürporträts sind auf meinen Social Media Accounts (Facebook und Instagram) öffentlich gestellt. Sobald ich alle restlichen Texte der Teilnehmenden erhalten habe, werden alle 76 Unternehmen auf diesen Seiten zu finden sein.